Professionalität

Nochlechka hat zweifelsohne an Bedeutung zugelegt, als im Jahr 2012 Grigori Swerdlin die Leitung übernommen hat. Unter ihm werden klare Wachstumsziele festgelegt.
Der anfängliche Aktivismus wird durch Effizienz ersetzt, eine Veränderung, die nicht allen gefällt. Einige verlassen daher die Organisation.

Ein leistungsfähiges Instrument
2010 beschliesst der Präsident von Nochlechka, Maxim Egorow, sein Studium wieder aufzunehmen. Bei der Leitung der NGO unterstützt ihn von da an Zoja Slowiewa. Das Tandem bleibt bis 2012 bestehen.
Mit Grigori Swerdlin, einem ehemaligen Freiwilligen, verfügt Nochlechka ab 2012 über eine echte “Kampfmaschine”, die gegen die unmenschlichen Bedingungen ankämpft, unter denen die obdachlosen Sans-Papiers leben müssen.  Ohne den politischen Aspekt der Obdachlosigkeit ganz aus den Augen zu verlieren, konzentriert sich ein Team von Fachleuten darauf, die humanitäre Arbeit effizienter zu machen.

Um das Ausmass der erzielten Fortschritte zu verdeutlichen: Das Budget von Nochlechka wurde zwischen 2011 und 2020 um das Siebzehnfache erhöht. Wären wir eine Aktiengesellschaft gewesen, hätten wir unsere Aktionäre reicher gemacht, sagt Danil Kramorow, der aktuelle Präsident von Nochlechka, lachend. Aber wie Sie wissen, ist unser Ziel ist ein völlig anderes. Wir wollen in erster Linie die Menschen ohne festen Wohnsitz von der Strasse holen und, soweit es uns möglich ist, das Verwaltungs- und Rechtssystem weiterentwickeln. Was die Zahl der Menschen angeht, denen wir in diesem Zeitraum geholfen haben, so konnten wir sie ebenfalls um das Siebzehnfache erhöhen. Doch angesichts des grossen Elends ist das nur ein Tropfen auf den heissen Stein.

Ein von Erfolg gekröntes Jahrzehnt
Zwischen 2011 und 2020 konnten wir einige wichtige Ideen umsetzen, berichtet Danil Kramorow weiter.
Im Jahr 2011 können wir es durchsetzen, dass die obligatorische Krankenversicherung auch Menschen ohne Propiska übernimmt. Wir erreichen auch, dass die Obdachlosen vorübergehend in staatlichen Nachtunterkünften registriert werden können. Das dauert aber nicht lange.
Und am Jahresende organisieren wir unsere erste Geschenkverteilaktion. Wir nennen sie Mandarinka.
Im gleichen Jahr kommen die beiden Führungspersonen von Nochlechka, Zoja Slowiewa und Maxim Egorow, nach Genf, um sich für die Sache der Obdachlosen in Russland einzusetzen.
2012 findet das erste Nochlechka-Festival statt, ein Solidaritätskonzert mit Boris Grebentschikow, Juri Schewtschuk, der Band Sorge, Jenia Lubitsch, Max Pokrowski, Markscheider Kunst und vielen weiteren Künstlern und Künstlerinnen.

Zahlreiche Projekte werden realisiert
Danil zählt weiter auf: Im Jahr 2014 wird eine psychologische Anlaufstelle für Leute ohne festen Wohnsitz im Aufnahmezentrum der Borowaja-Strasse eröffnet. Im selben Jahr beginnen wir auch, unsere Produkte online zu verkaufen.
2016 weihen wir unseren Waschsalon ein. 2017 wird der Tag der Obdachlosen ins Leben gerufen. 2018 wird die erste Niederlassung von Nochlechka in Moskau gegründet, allerdings nicht ohne Schwierigkeiten. Im gleichen Jahr lancieren wir auch ein erstes Berufsbildungsprogramm für unsere obdachlosen Sans-Papiers. 2019 öffnet die Notschlafstelle ihre Türen. Wir können Menschen, die wieder in die Arbeitswelt eingegliedert werden sollen, eine Wohnung zur Verfügung stellen. Eine Aussenstelle in Moskau wird eröffnet. Das Jahr endet mit einem noch grösseren Nochlechka-Festival.
2020 öffnet schliesslich das Aufnahmezentrum in Moskau, das Daria Baibakowa leitet. Sie kümmert sich unermüdlich um obdachlose und papierlose Frauen und gründet unter anderem ein Zentrum, das nur für Frauen bestimmt ist.

Sensibilisierung
Parallel zur täglichen humanitären Arbeit organisiert Nochlechka immer wieder öffentliche Veranstaltungen, um die russische Bevölkerung zu informieren, so zum Beispiel mit der Aktion “Marmorstatuen gegen steinerne Herzen” im Park von Peterhof.

Unsere “Goldenen Zwanziger” (2021-2025)
Es war eine Zeit des Wachstums ohnegleichen, aber auch eine sehr schwierige Zeit, die durch Enttäuschungen und Schliessungen geprägt war und vor allem auch durch den Krieg in der Ukraine, die zum erzwungenen Abgang von Grigori Swerdlin führte.
In Moskau entstehen neue Projekte: der Nachtbus, ein Rehabilitationszentrum und ein Übergangswohnheim. In Sankt Petersburg wird ein Heim für ältere Obdachlose gegründet und das Restaurant “Eingang von der Strassenseite” eingeweiht. Das Personal besteht aus Obdachlosen, die wieder in die Arbeitswelt integriert werden sollen. Leider musste es wegen mangelnder Rentabilität später wieder geschlossen werden.

Heute ist es wichtig, alle diese Errungenschaften, die für die obdachlosen Sans-Papiers unverzichtbar geworden sind, zu sichern. Paradoxerweise hat der Krieg in der Ukraine zu einem Rückgang unserer Einkünfte geführt, während die Zahl der Obdachlosen zugenommen hat.

Seit 35 Jahren machen wir alles, um den Obdachlosen zu helfen. Unsere Aufgabe ist riesig. Unterstützen Sie uns, damit sie wieder Hoffnung schöpfen können.

Wichtig: Trotz der Boykottmassnahmen können wir unsere finanzielle Hilfe weiterführen.

Die beiden vorhergehenden Kapitel
1990-2000 Wie alles begonnen hat
2001-2010 Ihre Rechte verteidigen

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