Zhenya

Als ich all das Essen sah, das sie uns servierten, habe ich gedacht: “was werden sie denn selbst essen, wenn sie uns so köstlich verpflegen? Woher nehmen sie das alles?”
Zhenya, die fünfzig Jahre durch die Widrigkeiten der Strasse unterstrichen, ruft dies angesichts der Nahrungsmittel aus, die durch den Nachtbus verteilt werden.
Heute Abend wird grosszügig angerichteter Borschtsch offeriert, der durch eines der Restaurants vorbereitet und spendiert wurde, welche die tägliche Abgabe von Lebensmitteln an die obdachlosen Sans-Papiers von St. Petersburg unterstützen.

So gut vorhersehbare Ursachen
In Russland genügt es für zahlreiche Bürgerinnen und Bürger, dass ihr Leben ein wenig den Schluckauf bekommt, damit der Alltag umkippt.
Ob sie Zoia, Maria, Irina oder wie diesmal Zhenya heissen, zahlreich sind die Frauen, die sich infolge von Eheproblemen auf der Strasse wiederfinden, ohne jegliche Gut und Habe.

In diesem Land verlieren Sie aus irgendeinem Grund ihre Propiska, Sie werden für die Sozialdienste zum unsichtbaren Bürger mit all den damit verbundenen Konsequenzen.

Öffentliche Bäder in Trümmern
Ich erinnere mich, erzählt uns Zhenya, ich habe nach dem Verlassen meines Mannes, der mich schlug, Unterkunft in den öffentlichen Bädern an der Kuskaya-Strasse gefunden.
Alles war dort verlassen, es gab sogar kein Wasser, der Gipfel für ein öffentliches Bad. Wenigstens gab es ein Dach und die Mauern schützten mich vor der Witterung.
Trotzdem bin ich krank geworden. Glücklicherweise haben mich Freiwillige von Charity Hospital gefunden und ermöglicht, dass ich ins Krankenhaus Botkin eingeliefert wurde. Drei Monate Pflege, dann war ich erneut auf der Strasse.

Die Qualen der Strasse
Dieser Krankenhausaufenthalt hat mir erlaubt, von der Alkoholsucht wegzukommen.
Wissen Sie, ich trank nicht, bevor ich bei mir fortgejagt wurde. Aber die Strasse, ihre Gewalt, ihre Ängste, die sie mit sich bringt, alles zusammen drängt einem, sich in den Alkohol zu flüchten.
Was man hinuntergiesst, ist Gift oder fast. Es ist zu oft Alkohol von sehr, sehr schlechter Qualität.
Und das zerstört die Gesundheit im Schnellzugstempo.

Die Erfahrung genutzt
Heute bin ich über den Berg. Endlich, mehr oder weniger. Ich bin im Empfangszentrum von Nochlechka untergebracht.
Einmal pro Woche nehme ich an der Tour des Nachtbusses teil, sehe meine Leidensgenossen wieder. Ich erzähle ihnen von meiner Erfahrung, den Möglichkeiten, sich selbst zu pflegen und aus dem Elend herauszukommen. Ich erkläre ihnen, was Nochlechka anbietet.
Ich wende mich insbesonders an die Frauen, die wie ich die Leiden des Überlebenskampfes durchmachen.
Eine Frau auf der Strasse sieht sich mehr Gefahren ausgesetzt als ein Mann. Ich weiss, dass sie mir von Frau zu Frau leichter zuhören, mich weniger fürchten.

Speziell für sie
Das Leben ohne Basis führt zu hoher Verwundbarkeit. Die obdachlose Person ist zahlreicher sozialer Schlupfwinkel beraubt, was zu einem Gefühl der Unsicherheit und zum Fehlen des Selbstvertrauens führt.
Die trifft insbesonders für obdachlose Frauen zu, die zusätzlich noch sexistischer Agressivität ausgesetzt sind.
Aus diesem Grund ist Nochlechka seit einigen Monaten daran, Selbsthilfen spezifisch für obdachlose Frauen zu erstellen.

All unsere Aktionen sind auf ihre Unterstützung angewiesen.
Danke für ihr Vertrauen, es rettet zahlreiche Leben.

Wichtig: Trotz der Boykottmassnahmen gelingt es uns immer noch, ihre mehr denn je wichtige finanzielle Hilfe zu transferieren.

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