Menschlichkeit schenken

Ein Obdachloser wechselt ständig seinen Standort in der Stadt. Ist seine visuelle Wahrnehmung völlig anders als unsere?
Unser Vorgehen: “Den Obdachlosen ohne Papiere mehr Menschlichkeit schenken“. Wir haben ihnen vorgeschlagen, ihre Umgebung zu fotografieren, ohne ihre Stadt nur als gefährliche, feindliche und kalte Umwelt zu empfinden, sondern auch wie einen Ort der Inspiration und der Freude, dass sie ihre kreative Kraft zum Ausdruck bringen, indem sie das städtische Milieu beobachten, erklärt Ksenia Solodova, Koordinatorin des Projektes.

Wie ein Bild einfangen?
Oleg, Sergei, Tatiana, Evgeni, Andrei und einige ihrer Leidensgefährten haben nicht gezögert, an den Kursen teilzunehmen, welche durch die professionnellen Fotografen Yuri Molodkovets et Pavel Volkov speziell und ehrenamtlich dafür gegeben wurden.
Anlässlich dieser wissenschaftlichen Begegnungen haben unsere Obdachlosen gelernt, wie man Fotos aufnimmt, was eine Bildgestaltung, wie wichtig das Licht ist. Den Moment einzufangen, wie man ihn empfindet, ihn in ein Bild übersetzt.
Kurz, die Grundkenntnisse der Fotografie.
Die Firma Canon hat das notwendige Material für diese einmalige Erfahrung zur Verfügung gestellt, damit sich Leute, die nichts mehr haben, ebenfalls mit einem Fotoapparat amusieren können.

Ein Moment der Freude
Pavel Volkov berichtet uns über die Tage, die er mit den Obdachlosen verbracht hat.
Das Wichtigste war, dass der Teilnehmer diesen aussergewöhnlichen Vorschlag liebte und teilnehmen wollte. Ich war verblüfft vom Interesse, das die Teilnehmer zeigten.
Sie waren nicht nur von der Technik fasziniert. Wenn sie einmal in die Natur „freigelassen“ wurden, strahlten sie vor Freude, wenn sie die Fotos aufnahmen. Einer der Fotografen wollte zu Beginn überhaupt nicht auf der Strasse fotografieren, fühlte sich aber mehr und mehr inspiriert, nachdem er einmal einige Bilder eingefangen hatte.

Wir präsentieren Ihnen hier einige Gedanken unserer Amateur-Fotografen und die Bilder, die sie zurückgebracht haben.

Oleg Zu seinen Bildern
Ich habe alles fotografiert, das ich bemerkte. Zum Beispiel hat jemand etwas nicht gesehen, ich habe es jedoch bemerkt. Und wenn Sie ein Bild betrachten, können Sie darauf jedesmal etwas neues feststellen.
Die Teilnahme an diesen Kursen hat mir gut getan, obwohl unser Alltag immer noch hart ist, sie haben mir erlaubt, ein wenig nachdenklich zu sein, einen Augenblick den Überlebenskampf zu vergessen.

Sergei Zu seinen Bildern
Ich liebes es sehr, Bilder aufzunehmen, ich stelle immer einige Details fest oder einfach, dass der Sonnenuntergang wunderbar ist, wenn seine Strahlen voneinander abweichen. Im Park hatte es Kirschbäume in voller Blüte. Ich wollte den Moment festhalten, wenn die Blütenblätter in Wellen im Wind davonflogen, aber es hat nicht geklappt.
Das Projekt hat mir erlaubt, aus dem grauen Alltag aufzutauchen.

Tatiana Zu ihren Bildern
Ich habe einfach alles sehr geliebt. Ich habe ein Blumenfeld fotografiert, Pavel hat mir empfohlen, eine Blume im Vordergrund auszuwählen, damit der Hintergrund verschwommen wird, um sie hervorzuheben.
Ich habe den Zaun des Friedhofs geliebt, dass die schönen Gusseisenmotive so sehr verrostet sind. Und den Kontrast zwischen den leeren und den vollen Metallpartien. Ich sehe mich auch so.

Evgeni Zu seinen Bildern
Die Stadt ist als solches interessant für mich. Zahlreiche historische Gebäude. Sie wissen ja, schlussendlich wird das alles einmal vergehen, aber es bleibt im fotographischen Speicher bestehen.
Ich fotografiere auch gerne den Himmel. Im Bhagavad Gita, mit „Lied des Glücklichen“ übersetzt, steht: „Die Wolken sind meine Gedanken“.
Ist dies nicht schön, fragt sich Evgeni. Und die Wolken ändern jedes Mal. Aus diesem Grund liebe ich es, die Wolken zu betrachten. Ich liebe den Himmel.

Andreï Zu seinen Bildern
Yuri hat unsere Aufmerksamkeit auf die Details der Häuser gelenkt, auf den gerissenen Verputz, den Rost. Alle machen eine Million Fotos der Denkmäler. Ich wollte eine ungewöhnliche Aufnahme machen.
Gegenüber der Bibliothek Maiakovski steht eine Statue auf dem Dach, ich hatte sie noch nie bemerkt.

Anonymer Teilnehmer Zu seinen Bildern

In Moskau, in St. Petersburg gibt es Zehntausende obdachloser Sans-Papiers, helfen Sie uns, ihnen Menschlichkeit zu schenken.

 

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