Welch eine Hitze

Paradoxerweise kann der Sommer für die obdachlosen Sans-Abris ebenso tötlich sein wie der Winter.
Mit den grossen Hitzewellen kann der Obdachlose schnell ersticken, eingeengt in den zahlreichen Kleiderschichten.
Alexis, den wir zwei Schritte vom Ligowo-Bahnhof, einer der Nachtbushaltestellen, trafen, erzählt uns.

Die Zwiebeltaktik
Wir Obdachlose haben keinen Ort, um unsere Klamotten aufzubewahren und zu vermeiden, dass uns diese einer unserer Leidensgenossen stielt. Wir sind deshalb gezwungen, dauernd all unsere Lumpen zu tragen.
Dies ist sehr hart, wie Sie sich vorstellen können, umso mehr, als wir nicht wissen, wo wir Trinkwasser finden und wir deshalb oft auf den Nachtbus warten müssen, um unseren Durst zu löschen.
Mehrere unter ihnen werden ohnmächtig, manchmal erheben sie sich nicht mehr.

Der Hitzeschrank
Im Sommer, erklärt uns die Ärztin Lana Churkina, sind in den Perioden grosser Hitze die zwei Hauptrisiken, denen die Obdachlosen ausgesetzt sind, die Dehydratation und die Hyperthermie.
Die Obdachlosen, besonders jene mit einer Alkoholabhängigkeit, denken nicht daran, genügend Wasser zu trinken, sofern sie dies überhaupt können.
In unserer Stadt sind die Trinkwasserstellen für diese Bevölkerungskategorie fast alle unzugänglich.
Dazu tragen viele zahlreiche Kleiderschichten und provozieren so eine Erhöhung der Körperwärme, was zu Bewusstseinausfällen führen kann. Schlimmstenfalls endet dies im Koma.
Öfters führt der Verlust an Aufmerksamkeit aber zu vielfältigen Unfällen, fährt Lana Churkina weiter.
Die feuchte Wärme erleichtert auch die Infektion bestehender Wunden oder verschlimmert die Hautkrankheiten, an welchen die Leute auf der Strasse leiden.

Sehr im Trend
Zu sagen, dass dieses „Layering“ Mode ist, trifft eher für den Winter zu, sagt uns Lisa Anotskaia, Psychologin bei Nochlechka, lächelnd.
Wenn die Fashionistas aber wüssten, dass sich Lebewesen gezwungen fühlen, ihre Kleider übereinander zu tragen, würden sie diesen Strassenbewohnern etwas mehr Aufmerksamkeit widmen.

Rettung
Bei Nochlechka, versucht man, den an starker Sonneneinstrahlung und Wassermangel leidenden Obdachlosen Sans-Papiers zu helfen, man verteilt Wasser und unsere freiwilligen Ärzte intervenieren vor Ort, präzisiert Lisa Anotskaia noch.
Aber es ist ein Tropfen in diesem Ozean des Elends, fügt sie bei, es gibt über 60’000 Personen auf der Strasse in St. Petersburg sowie Zehntausende in Moskau und wir sind allein, oder beinahe, die sich um sie kümmern.
Nicht erstaunlich, dass man jeden Sommer unter dieser verarmten Bevölkerung Dutzende von Toten zählt.

Unser Aufgabe ist immens, helfen Sie uns, Leben zu retten.

Wichtig: trotz der Boykott-Hindernisse gelingt es uns immer, die Hilfsgelder zu transferieren.

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