Wasser zum leben?

Der Zugang zu Trinkwasser ist für uns alle so einfach, dass wir nicht auf die Idee kommen, dass dies nicht überall der Fall ist.
Mindestens nicht für jedermann.
Zum Beispiel in St. Petersburg. Wenn man dort keine Ausweispapiere besitzt, hat man keinen Zugang zu Trinkwasser oder dieser gestaltet sich sehr schwierig.
Um dieser unannehmbaren Tatsache Ausdruck zu verleihen, hat Nochlezhka vor zwei Wochen damit begonnen, Flaschen mit Trinkwasser zu verteilen.

Wasser rationnieren
„Ich habe gelernt, mein Wasser soweit zu sparen, dass eine Flasche mehrere Tage reicht. Wenn es aber heiss ist, leide ich unter grossem Durst. Wenn ich es einfach nicht mehr aushalte, saufe ich aus einem Kanal. Nachher werde ich krank…“. Erzählt die sechzigjährige Olga, welche kam, um einige Flaschen abzuholen.
Die Wasserabgabe erfolgt durch den Nachtbus, im Zentrum von Nochlezhka sowie an vier über die Stadt verteilten Orten.

Bis heute wurden über 1’000 Liter Wasser abgegeben. Siehe Fotos.
Die petersburger Medien haben die Kampagne zum ihrem Thema gemacht, worauf diverse Stadtbewohner spontan Flaschenpackungen brachten. Dies erlaubte es der Nichtregierungs-Organisation, die Aktion auszuweiten.

Beinahe verdursten
Neben dem Bus haben wir Sergei mit einer Flasche Wasser in der Hand getroffen. Etwa vierzig Jahre alt, das Gesicht vom Kampf ums Überleben zerfurcht, erzählt er uns vom Albtraum der Suche nach Wasser.
„Es gibt nur zwei Möglichkeiten, zu sauberem Wasser zu kommen. Etwas Geld verdienen und davon kaufen oder auf die Toiletten des McDonald zu gehen. In unserem verschmutzen Zustand ist der Zutritt aber schwierig. Manchmal bestimmen wir jenen von uns mit den am wenigsten schmutzigen Kleidern, der dann Wasser für uns alle holt.
Es gibt Tage, an denen ich nichts zum Trinken kaufen kann und ich beinahe verdurste. Heute zum Beispiel habe ich erst jetzt trinken können“. Es ist 19h30!
Kann man hoffen, dass diese Aktion die pertersburger Verwaltung sensibilisiert?
Dies ist sehr unwahrscheinlich.
Seit vielen Jahren bittet Nochlezhka die Verwaltungen, sich diesem Problem anzunehmen, leider geschieht nichts.
Wenn man bedenkt, dass importierte Lebensmittel aufgrund der Importsperre durch Präsident Putin systematisch vernichtet statt an Bedürftige verteilt werden, ist Optimismus fehl am Platz. Link zum Artikel.

Der Zugang zu Trinkwasser für die Sans-Papiers von St. Petersburg wird nicht schon morgen Tatsache sein. Auch nicht übermorgen.