Kanonenfutter?

Die vom Kreml angeordnete Mobilisierung verlangt, dass mindestens 300’000 Reservisten eingezogen werden. Sollen darunter auch Obdachlose sein?
Offensichtlich spielt der militärische Status des Bürgers, der im dienstfähigen Alter, also zwischen 20 und 55 Jahre alt ist, keine Rolle. Was zählt, ist die Zahl, die erreicht werden muss, damit die Quote, erfüllt ist.
Vor allem andern zählt die Quantität, nicht die Qualität.
Deshalb zögern die Rekrutierer nicht, ihre Fangnetze soweit wie möglich auszuwerfen.

Obdachlose an der Front?
Das geht so weit, dass sie sogar Obdachlose im Visier zu haben scheinen.
So sind doch kürzlich an einem Abend staatliche Agenten im Nachtasyl aufgekreuzt. Wollten sie dort auf Einkaufstour für Kanonenfutter gehen?
Auf jeden Fall haben sie gefragt, ob sie Informationen zur Mobilisierung verteilen dürften. Unser Hausmeister hat abgelehnt.
Wird es dabei bleiben? Werden sie sich mit dieser legalen Ablehnung zufriedengeben ?
Diesbezüglich präzisiert Nochlechka: Das Nachtasyl ebenso wie das Empfangscenter und andere Orte, die Nochlechka gehören, sind als private Räume zu betrachten und ohne Mandat dürfen Staatsvertreter dort nicht hineingehen.
Ausserdem sind wir nicht verpflichtet, die Namen unserer obdachlosen Sans-Papiers bekannt zu geben. da ihre Identität durch das Gesetz über die persönlichen Daten geschützt ist.

Eine rücksichtslose „Ernte von Menschen“
Dieser erste Versuch beunruhigt Nochlechka noch mehr.
Seit Mittwoch, 21. September, und seit der Rede des Kremls ist unsere NGO im Alarmzustand.
Unsere Angestellten und unsere männlichen Freiwilligen sind potentielle Wehrpflichtige. Von einem Augenblick auf den anderen können sie einberufen werden.
Natürlich würde dieser Fall unsere Hilfe für die obdachlosen Sans-Papiers in hohem Masse verschlechtern.

Die Frauen
Unsere Lösung im Falle eines Notstands männlicher Arnbeitskräfte: das verantwortliche Personal soweit wie möglich mit Frauen besetzen; dies gilt auch für die Freiwilligen.
Von diesen Massnahmen betroffen sind unter anderem unser Direktor, der Fahrer des Nachtbusses, die wachhabenden Angestellten des Nachtasyls und des Empfangscenters und natürlich auch die Betreuer in den Überlebenszelten, welche demnächst aufgestellt werden sollen.

Und unsere männlichen Obdachlosen?
Natürlich ist es unmöglich, sie durch Frauen zu ersetzen, damit sie vor einer Einberufung geschützt sind.

Viele Sorgen beschäftigen uns
Wird es eine Fortsetzung des Vorfalls beim Nachtasyl geben? Mit oder ohne Bewilligung.
Und dies vielleicht nicht nur dort, sondern auch beim Empfangscenter, bei den Haltestellen des Nachtbusses oder bald in den Überlebenszelten?
Werden sich die Rekrutierer mit Waffengewalt Einlass verschaffen, auch wenn sie damit die Gesetze verletzen?

Im Augenblick finden bei den Metroeingängen, vor den Bahnhöfen und bei den Haltestellen der öffentlichen Verkehrsmittel oft Razzien statt, um Männer zu fassen.

Wegen dieser Unsicherheiten hat Nochlechka beschlossen, das Fest zum zwanzigjährigen Bestehen des Nachtbusses zu verschieben und auf die karitative Veranstaltung ein solidarischer Kaffee zu verzichten, obwohl dieses Ereignis es ermöglicht hätte, beachtliche Spendengelder zu sammeln.

Es ist klar, dass die aktuelle Situation die zahlreichen Schwierigkeiten, denen wir ausgesetzt sind, noch verstärken.
Wir bemühen uns in höchstem Masse, dass diese Schwierigkeiten unsere obdachlosen Sans-Papiers in keiner Weise beeinträchtigen.

Helfen Sie uns, wir brauchen Sie!

 

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