Wauuu, welch ein Wirbelsturm, schreit Ivan, einer der Freiwilligen des Nachtbusses.
Schwierig, an jenem Abend die Strasse zu erkennen, der Verkehr ist mehr denn je chaotisch. Die Schneeschauer peitschen erbarmungslos die Stadt St. Petersburg.
Wie kann man unter solchen Bedingungen draussen noch überleben? Schauen Sie, man sieht keinen einzigen Passanten.
Und trotzdem kann man bei der Haltestelle Agatova in der Nähe des Bahnhofs Ligowo Schatten entdecken, kaum auszumachen. Etwa zwanzig Personen sind da, um auf die Ankunft des Nachtbusses zu warten.
Verloren im Schneesturm
Der Wind bläst stark, der Schnee macht blind, schwierig, warmes Essen und Getränke zu verteilen. In der Warteschlange ein ziemlich verlorener Obdachloser. Ohne Zweifel ist er zum ersten Mal Hilfe hier, um holen.
Evgeni ist 65 Jahre alt, noch vor zwei Wochen arbeitete er als Elektoingenieur. Innerhalb vierundzwanzig Stunden geriet alles in eine Abwärtsspirale.
Eine Schale dampfende Suppe in den Händen, erzählt Evgeni: die Firma schloss abrupt, uns wurde ohne Entschädigung gekündigt, kein Lohn wurde bezahlt. Am selben Nachmittag merkte ich im Trancezustand nicht einmal, dass man mir unter anderem meine Ausweispapiere stielt. An jenem Abend hätte ich die Wochenmiete bezahlen sollen. Der Vermieter wollte weder etwas hören noch mir die Gelegenheit geben, zurückzukommen. Ich war unverzüglich auf der Strasse.
Wieder Fuss fassen, welche Angst
Evgeni wurde in einer ersten Zeit zu einem unserer Überlebenszelte geleitet und ansschliessend in unserem Empfangszentrum untergebracht, wo wir ihm geholfen haben, seine Identitätspapiere zurückzuerhalten und dass sein Lohn bezahlt wird.
Jedes Jahr kümmert sich Nochlechka um Hunderte von Fällen wie jener von Evgeni, damit diese Leute nicht zu lange auf der Strasse bleiben.
Man könnte meinen, dass die Wiedereingliederung einfacher ist, man bemerkt aber, dass der ehemalige Obdachlose nach der Rückkehr in einen entsprechenden Alltag noch sehr lange an den Wunden der Obdachlosigkeit leidet, erklärt der Psychologe Igor.
Der Obdachlose erinnert sich sehr gut an diese schreckliche Episode, die ein konstantes Gefühl der Angst und völligen Unsicherheit auslöst. Wenn er im Empfangszentrum von Sozialassistenten, Psychologen und der ganzen Empfangsstruktur umgeben ist, spürt er eine relative Sicherheit. Wenn er die Unterkunft verlässt, kommt er in Panik, er hat Angst, dass eine Einzelheit nicht funktioniert, dass etwas schief laufen könnte und er auf die Strasse zurückgeschickt wird, ergänzt Igor.
Eine kurzfristige Unterstützung für die Dauer
Eine intensive Arbeit, viel mentale Kraft, Selbstvertrauen in sich selbst und der Glaube an den Erfolg sind nötig, um das Erlebte zu vergessen. Die Fähigkeit, in die Zukunft zu blicken, zukünftige Misserfolge zu konfrontieren und an den Zielen festzuhalten, zurück in ein normales Leben zu finden, ist eine wahre Herausforderung.
Um diesen Prozess zu erleichtern, bemüht sich Nochlechka nebst der Hilfe im Zentrum eine Unterkunft als unabdingbare Basis für den Neuanfang bereitzustellen. Wenn nötig, bezahlt Nochlechka auch die ersten drei Monatsmieten.
Heute hat Evgeni den Zufluchtsort verlassen. Er hat ein Zimmer und arbeitet als Betreiber von Aufzügen. Evgeni fühlt sich bedeutend besser.
Jede Woche erhält er den Besuch der Sozialassistentin Mascha und des Psychologen Igor.
Nicht aus den Augen verlieren.
Nicht aus den augen verlieren
Wenn im Laufe der Zeit die Zahl dieser Begegnungen nachlässt, versucht Nochlechka, den Kontakt mit den ehemaligen obdachlosen Sans-Papiers trotzdem nie ganz zu verlieren.
Um dies sicherzustellen, unterstreicht Wika Ursova, Projektverantwortliche der Resozialisierung, telefonieren wir ihnen regelmässig und einmal pro Jahr organisieren wir ein Picknick, um all unsere „Ehemaligen“ zu versammeln.
Durch diese Verbindungen wissen wir, wie es ihnen geht und ob sie Hilfe benötigen.
Zudem sind ihre Wiedereingliederungs-Erfahrungen und die Geschichten aus ihrem Alltag äusserst nützlich. Sie erlauben uns, die Ratschläge, die wir den „Neuen“ geben, möglichst gut zu verfeinern, sagt Wika Ursova noch.
Unsere Aufgabe ist immens, helfen Sie uns, Leben zu retten, der Winter ist da.
Wichtig: trotz der Boykott-Massnahmen gelingt es uns immer, ihre finanzielle Unterstützung zu transferieren.