22 12 13  Lager für die Sans-Papiers

Mit Gewalt die Bürger zweiter Klasse zwingen, in ein normales Leben zurückzukehren

Das Projekt des russischen Abgeordneten Witaly Milonow, für die Sans-Papiers weitab jeglicher Agglomeration Arbeitslager zu errichten, findet Nachahmer.

 

Während Milonows Vorhaben im russischen Parlament, der Duma, auf die Behandlung wartet, bereitet Andei Beschtanschko, Departementchef-Stellvertreter des Sozial-Schutzes der moskauer Bevölkerung, ein Projekt für ein «Bundesgesetz betreffend die Restriktion der Landstreicherei, den sozialen Schutz der Obdachlosen und die soziale Umerziehung der Landstreicher» vor.

 

Verbannung für jene, die eine Behandlung verweigern

Ziel dieses Projektes ist es, in einer ersten Phase die obdachlosen Sans-Papiers alle sechs Monate einer obligatorischen medizinischen Kontrolle zu unterziehen. Wird dabei eine ansteckende Krankheit diagnostiziert, wird der Kranke ärztlich behandelt. Falls jemand die Behandlung verweigert, wird er durch Gerichtsentscheid zwangsbehandelt. Der Aufenthalt in den sozialen Einrichtungen könnte von 60 Tagen bis ein Jahr dauern. Der Internierte würde Verpflegung und Unterkunft erhalten, könnte psychologische Behandlung sowie Hilfe zur Bekämfung der Drogensucht beanspruchen. Die Sozialarbeiter würden ihm bei der Suche seiner Angehörigen helfen und ihn unterstützen, neue Ausweis-Papiere zu erhalten.

 

Die gesunden Obdachlosen könnten bis zur nächsten Kontrolle auf der Strasse bleiben. Die obdachlosen Sans-Papiers, die aus einer andern Region stammen, würden jedoch deportiert. Der Beamte hat weder präzisiert wohin, noch wie sie verbannt würden.

 

Beschtanschko gibt zu, dass diese Zentren im Moment noch nicht existieren; sie sollen ähnlich sein wie die Deportations-Kolonien. Für deren Errichtung werden 3,5 Milliarden Rubel benötigt. Diese Gelder gehen zulasten der Budgets der Regionen sowie des Bundesstaates.

 

Laut den Urhebern des Projektes wird das neue Gesetz die Zahl der Obdachlosen in Moskau um 90% senken. Dies wird zweifellos so sein, denn die unmenschlichen Zustände, denen die Sans-Papiers ausgesetzt sind, führen dazu, dass die grosse Mehrzahl dieser Personen Krankheitssymptome aufweisen, die ihre Deportation rechtfertigen würde.

 

Deportations-Kolonien 

Der Beamte Beschtanschko sagt dazu: « Im Allgemeinen sind sich die Bomsch (Clochards)  daran gewöhnt, auf der Strasse zu leben. Den  Sozialarbeitern gelingt es nicht, sie davon zu überzeugen, wieder ins normale Leben zurückzukehren. Man muss also radikalere Mittel anwenden».

 

Herr Beschtanschko vergisst zu präzisieren, dass Millionen russischer Bürger aller Rechte beraubt sind, weil sie keine Ausweis-Papiere besitzen. Als Folge davon können diese  Leute weder eine Unterkunft noch eine offizielle Arbeit finden; sie erhalten im Notfall allermeistens auch keine Hilfe und werden in der Folge sehr schnell zu Bomsch.

 

Angesichts dieser neuen Art der Verfolgung hat sich Nochlezhka eingeschaltet. Ihr Direktor, Grigori Sverdline, teilte uns mit, dass ihr Rechtsanwalt den Gesetzes-Entwurf analysiert und dagegen Rekurs eingelegt hat.

 

Das Projekt hat ebenfalls starke Kritik von Nichtregierungs-Organisationen geerntet, welche mit Obdachlosen arbeiten und sich für Strassenkinder einsetzen. Dies ist bestimmt kein Zufall, da das geplante Gesetz vorsieht, die Rechte und Freiheiten der Clochards einzuschränken. Dies zeigt auch, dass der Begriff «Landstreicherei» unbedingt definiert werden muss. Zudem ist juristisch festzulegen, welche Zwangsmassnahmen angewendet werden dürfen.

 

 

Vor diesem Hintergrund unternimmt die Regierung von Wladimir Putin alles, um die Öffentlichkeit zu überzeugen, dass das Regime die Menschenrechte respektiert. Dazu gehören gewisse Tricks sowie die medienwirksam inszenierte Freilassung einiger weniger Gegner.