Eine unserer grössten Ängste ist der Winter mit seinen kalten Temperaturen und seiner Feuchtigkeit, ruft Dimitri aus, ein langjähriger Obdachloser, den wir in der Waschküche antreffen.
Wissen Sie, sagt er weiter, diese Jahreszeit ist ein Fluch für uns. Die ständige Dunkelheit verunmöglicht es, dass unsere Kleider trocken werden. Unser Alltag ist ein Albtraum. Wir haben Angst zu erfrieren. Nahrungsmittel in den Abfalleimern zu finden wird äusserst schwierig, da alles gefroren ist. Es ist unmöglich, sich in den Kanälen zu waschen, da auch sie zugefroren sind.
Ich sage Ihnen, der Winter hasst die Obdachlosen.
Schon 18 Jahre
Im Jahr 2007 stellte Nochlechka das erste Überlebenszelt auf, und zwar im Innenhof seines Aufnahmezentrums.
Seither wurden die Möglichkeiten, Obdachlose im Winter zu beherbergen, ausgebaut, was aber nicht reibungslos vonstattenging. Die Aufgabe, obdachlose Sans-Papiers zu schützen, ist nicht leicht. Nur selten erleichtern die Behörden den Prozess. Im Gegenteil, jedes Mal zu Herbstbeginn muss man sich wieder an die Arbeit machen: erneut die behördlichen Bewilligungen einholen und manchmal eine neue Brachfläche finden. Jedes Mal braucht es wieder viel Energie.
Wir sind bereit
Im Oktober 2025 stellte Nochlechka zwei beheizte Stoffzelte auf.
Seit dem 15. Oktober steht das erste Zelt an der Shikperskiy-Protok-Strasse 18, beim Haus Nr. 16, und seit dem 21. Oktober gibt es einen zweiten Unterstand in Kushelevka, an der Polytechnicheskaya-Strasse 11B.
Wie üblich bleiben unsere Zelte bis zum Frühling in Betrieb, erklärt Andrej Tschapajew, der Verantwortliche der humanitären Projekte. Das in Kushelevka bis zum 31. März und das an der Shkiperskiy bis zum 15. April.
Wenn das Wetter garstig bleibt, verlängern wir unsere Aktion bis Mitte April.
In Moskau sind wir immer noch auf der Suche nach einem geeigneten Grundstück. Leider konnte uns der Sponsor vom letzten Winter, eine Baufirma, dieses Jahr nicht unterstützen. Der Bausektor durchlebt eine sehr schwierige Phase in Russland. Wir hoffen aber, bald einen Standort zu finden, und setzen unsere Suche fort, sagt Andrej.
Kopf oder Zahl?
Das Überleben im Freien während einer Winternacht gleicht eine Lotterie. Jeden Winter haben wir hunderte von Todesfällen zu beklagen, betont Andrej Tschapajew.
Im Jahr 2024 sind in Sankt Petersburg 1’532 Obdachlose gestorben. In Moskau sind es 5’032, die den schrecklichen Lebensbedingungen zum Opfer gefallen sind.
Im Augenblick ist die Nachfrage sehr gross, und es ist für uns schwierig, sie zu befriedigen. Denn der Krieg in der Ukraine führt dazu, dass schleichend noch mehr Personen als früher auf der Strasse landen. Und gleichzeitig stagnieren unsere finanziellen Ressourcen, die ebenfalls ein Kollateralschaden des Konflikts sind.
Trotz dieser Umstände tun wir alles in unserer Macht Stehende, um diese Frauen und Männer vor der Kälte zu schützen, sagt Andrej zum Schluss.
Retten wir Leben!
Unsere Überlebenszelte bieten Sicherheit, Nahrung und erste Hilfeleistungen an.
Im vergangenen Winter haben dort zwischen Oktober 2024 und Ende März 2025 11’291 Personen eine Unterkunft gefunden. Sie wurden dank Ihrer Hilfe vom Kältetod bewahrt.
Unsere Aufgabe ist riesig. Danke dafür, dass Sie uns unterstützen. Ohne Sie wäre das nicht möglich.
Wichtig: Trotz der Boykottmassnahmen können wir unsere finanzielle Hilfe weiterführen.