Artikel 57 wird nicht immer respektiert

In Russland ist die Gesetzgebung bezüglich der Waisen formell: Artikel 57, Paragraph 2 des neuen Unterkunftskodexes, 2004 verabschiedet, hält fest:

Die Unterkunft wird prioritär den Waisenkindern ohne elterliche Unterstützung zugesprochen, nachdem sie die Erziehungsheime oder andere öffentliche Institutionen verlassen. Dazu gehören auch solche mit Sozialhilfe, Adoptiveltern und familienähnlichen Waisenheimen.

Dieser Gesetzesartikel wird nicht immer befolgt und führt manchmal zu Menschenhandel zwischen den Behörden und korrupten Besitzern.
Im Laufe der vergangenen Jahre haben gegen 90’000 dieser Jugendlichen kein Recht auf Unterkunft erhalten, wie es das Gesetz vorsieht.
Die Waisen sind nicht informiert, welche Rechte ihnen zustehen. Die zuständigen Behörden haben ihnen lediglich eine Fahrkarte in die Welt des Umherirrens ausgehändigt.

Die „Biëz“
Die Sans-Papiers-Kinder, die „Biës“, tragen den passenden Spitznamen. Auf russisch bedeutet biës ohne.
Ohne familiäre Bindung, fast oder ganz ohne staatliche Hilfe, ohne Gesicht für die russische Verwaltung, ohne Ausweis und ohne Propiska, von allen verlassen, haben sie keinen Unterschlupf, keine Identität.
In St. Petersburg fristen Hunderte von Waisen ihr Dasein auf der Strasse.

Keine Waisen für die Ausländer
Das Gesamtbild wäre unvollständig, wenn man vergisst, dass die Regierung von Wladimir Putin im Dezember 2012 den Amerikanern verbot, russische Waisen zu adoptieren.
Dies infolge aussenpolitischer Spannungen zwischen den beiden Staaten.
Diese verschärften Bedingungen werden mehr und mehr auch gegenüber andern Staaten angewandt, deren Bürger ein russisches Waisenkind adoptieren möchten.
Der Gesetzestext hält dazu folgendes fest: „Die Adoption von Kindern (Bürger der Russischen Föderation) durch Bürger fremder Nationalität ist nur erlaubt, wenn es unmöglich ist, diese Kinder an Familien zu vermitteln, deren Angehörige Bürger der Russischen Föderation sind und ununterbrochen auf dem Territorium der Russischen Föderation leben…

Die betroffenen Ausländer müssen permanent im Ausland leben, ausserhalb des Territoriums der Russischen Föderation und dürfen nicht die russische Nationalität besitzen.“