Die grossen Probleme der russischen Wirtschaft, der Fall des Rubels und die steigende Inflation wirken sich auf ungefähr 30% der Produkte aus. Dies trifft auch Nochlezhka, insbesonders den Nachtbus.
Andrei Schapev, verantwortlich für den Bus, sagt dazu: »Bis vor kurzem haben uns Restaurants unterstützt, indem sie uns die Mahlzeiten für die Obdachlosen sehr günstig verkauften oder uns diese gar schenkten.
Anfang Dezember haben sie uns mitgeteilt, dass sie infolge der galoppierenden Inflation mit dieser Hilfe nicht weiterfahren können. Sie haben als Alternative vorgeschlagen, dass wir ihnen das Gemüse für die Suppe liefern, um diese gratis für uns zu kochen.»
Nochlezhka verteilt pro Tag 50 Liter Suppe
Angesichts der geringen Mittel von Nochlezhka wurde versucht, das Gemüse an nicht allzu entfernten Orten günstig oder kostenlos zu beschaffen.
Andrei Schapev erinnerte sich, dass seit einiger Zeit an gewissen Haltestellen des Busses Gemüsehändler «ihren Markt» für Billigarbeitskräfte abhielten. Soll man wirklich mit diesen Händlern ins Geschäft kommen? Bedeutet der Kauf von Gemüse von ihnen nicht, diese zweifelhaften Praktiken zu unterstützen? Und damit die zynische Ausbeutung der Misere der obdachlosen Bürger zu akzeptieren?
Nochlechka hat sich über einige von ihnen informiert und am Ende zwei davon ausgewählt.
Andrei formuliert es so: «Es handelt sich nicht um Kriminelle, aber auch nicht um Heilige. Für den Obdachlosen ist diese Lösung alles andere als ideal. Aber was machen, wenn man keine Wahl hat? Und sich der Staat nicht um ihr Schicksal kümmert.»
Die Landwirtschaft als Rettung
Der eine Bauer, Piotr Alekseewitsch, betreibt mit seiner Frau und seinem Sohn einen Landwirtschaftsbetrieb, auf dem sie Gemüse produzieren und Kaninchen züchten. Der Betrieb befindet sich rund hundert Kilometer von Sankt-Petersburg entfernt.
Piotr Alekseewitsch stellt nicht nur Obdachlose an, sondern hilft ihnen auch bei der Beschaffung ihrer Identitätspapiere. Piotr war früher Soldat und hat immer noch einige Freunde in guten Positionen.
Er bietet den Angestellten Unterkunft, Verpflegung und sogar medizinische Pflege. Zu den Anstellungsbedingungen gehört, dass im ersten Monat kein Lohn bezahlt wird und der Arbeiter vollständig abstinent ist. Mehrere Obdachlose können davon etwas erzählen, da sie wegen Alkoholexzessen fristlos entlassen wurden.
Der andere Bauer, Schiya Mileewitsch, hat ebenfalls erkannt, dass die russischen Sans-Papiers ein Reservoir an sehr, sehr billigen Arbeitskräften darstellen. Schiya informiert die Interessenten gleich zu Beginn, dass er keinen Lohn bezahlt und dass sie nicht trinken dürfen. Als Gegenleistung bietet er geheizte Unterkunft und Verpflegung.
Im Dezember und Januar haben Piotr und Schiya kostenlos Gemüse geliefert.
Es handelt sich dabei zweifelsohne um eine vorübergehende und ungebefriedigende Situation zur Versorgung des Nachtbuses. Wie sagt doch Andrei im weiteren dazu: «Wir sind ganz klar keine Vermittler oder Makler von Arbeit».