27-11-2009 Sankt-Petersburg, die Ausnahme?

Vielleicht ist dies eine sehr gute Nachricht für die petersburger Sans-Papier.

 

Erstmals in Russland hat Sankt-Petersburg hat ein Gesetz publiziert, das allen Einwohnern den kostenlosen Zugang zu medizinischer Pflege erlaubt. Eine Neuigkeit.

 

Da ist nur zu hoffen, dass die Sans-Papiers diese äusserst wichtige Information erfahren. Wichtig ist aber auch, dass das Spital-Personal davon Kenntnis nimmt und die neuen Direktiven akzeptiert.

 

Dank diesem Gesetz Nr. 702-125 vom 12.11.2009 haben sämtliche Bürger der Russischen Föderation Zugang zu medizinischer Pflege. Und dies gilt auch für Personen ohne Propiska.

 

Bisher ist dies zum grossen Teil noch nicht der Fall.

 

Die Neuigkeit verbreiten

Nochlezhka hat in ihrem Beratungs-Zentrum einen spezialisierten Service eröffnet, um die Neuigkeit verbreiten zu können. Nochlezhka informiert bei den Fahrten ihres Nachbuses ebenfalls die Obdachlosen über ihre neuen Rechte.

 

Laut Elena Rinn, Spezialistin bei Nochlezhka für diese Fragen, ist das Problem dabei, dass weder alle Schichten der Bevölkerung noch das medizinische Personal von diesem Gesetz Kenntnis haben. Oft gibt das Spitalpersonal zur Antwort: “wenn Sie keine Versicherungs-Police besitzen, haben Sie kein Anrecht auf medizinische Pflege. Also: zahlen Sie!”. Und der Patient bezahlt, sofern er kann; in der Mehrzahl der Fälle erhält er keine Pflege.

 

Selbst wenn die Person ohne Propiska von diesem Gesetz Kenntnis hat, weiss sie nicht, wie sie ihre Rechte verteidigen kann: an wen sich wenden? Was sagen? Welche Dokumente vorweisen?

 

 

Das Pflegepersonal verletzt das Gesetz

Das neue Gesetz bestimmt: “Alle in den Spitälern und Polikliniken erbrachten medizinischen Leistungen werden nicht mehr durch die Versicherungsgesellschaften bezahlt (dies gilt für Leute, welche Versicherungspolicen besitzen), sondern durch die Stiftung medizinische Versicherung von Sankt-Petersburg”.
Die Zahlungsmodalitäten sind im “Reglement über die speziellen Finanzierungs-Modalitäten der obligatorischen Krankenversicherung auf dem Gebiet von Sankt-Petersburg und über den Zahlungsablauf von Rechnungen für medizinische Pflege im Rahmen der obligatorischen Krankenversicherung bei nicht reglementierten Situationen (Anhang zur Anordnung des Exekutiv-Direktors TFOMC von SPB, datiert 26.06.2006 N 174-A) beschrieben.

 

Mit Hilfe ihrer Internet-Seite lanciert Nochlezhka den folgenden Appell: alle Einwohner von Sankt-Petersburg, denen man medizinische Hilfe verweigert hat, werden gebeten, sich an unser Aufnahme-Zentrum zu wenden, wo sie die notwendige Unterstützung erhalten, damit das neue Gesetz angewendet wird.

 

 

Das Schweigen der Behörden

Man wundert sich allerdings, dass die Regierung des Venedigs des Nordens die Information nicht ordnungsgemäss publik gemacht hat. Dies wäre eine einfache Sache, da sie die grosse Mehrheit der Media kontrolliert. Auch das Spitalpersonal wurde nicht effizient in Kenntnis gesetzt.

 

Bleibt also nur die eine Tatsache: all jene, die ihr Recht auf kostenlose Pflege nicht verteidigen können, müssen diese entweder bezahlen oder auf medizinische Hilfe verzichten.

 

Es wird interessant sein, am Ende des Winters eine erste Bilanz zu ziehen, d.h. nach der für die Obdachlosen fatalen Saison.