14-07-14 Für Leysla ging kein Märchen in Erfüllung

Das Leben einer Person verläuft manchmal von Geburt an äusserst dramatisch.

Dies trifft besonders zu für Leysla. Sie wurde vor rund dreissig Jahren in der kleinen Stadt Borowitschi geboren, unweit von Weliki Nowgorod, 180km südlich von Sankt-Petersburg.

 

Wir wissen von Leyslas Alltag nur, dass der zuständige Arzt beim Neugeborenen ziemlich schnell eine leichte Demenz diagnostiziert hat. Er informierte die Eltern aber auch darüber, dass bei dieser Krankheit keinerlei Hoffnung auf eine staatliche Invalidenrente besteht.

Stumm und taub verbringt Leysla ihre ersten elf Lebensjahre im Rollstuhl in einem Heim für Behinderte.

 

Leysla hat das Elternhaus verlassen, sobald ihr Alter es erlaubte. Sie hatte genug von ihrer Tag und Nacht betrunkenen Mutter und konnte die dauernden Schläge  nicht mehr ertragen. Wegen ihrer Krankheit wurde Leysla von ihrer Mutter nie akzeptiert.

Vor zwei Jahren hat man Leysla in Sankt-Petersburg auf der Strasse gefunden, ohne Papiere, ohne Propiska. Der Winter ist schrecklich, sie findet Zuflucht im Überlebens-Zelt von Nochlezhka. Dort lernt sie einen Freund kennen, mit dem sie im daurauffolgenden Frühling einen Haushalt gründet. In einem kleinen Dorf in der Umgebung hausen sie in einer Bruchbude aus Metall.

Die Sozialassistentin von Nochlezhka, Mascha Bondarenko, beschliesst, einen «Foto-Roman» mit dem Titel Blumengarten darüber zu realisieren. Mit Hilfe der Bilder versucht Mascha, Leysla und ihrer grausamen Nicht-Existenz ein Gesicht zu geben. Ver Foto-Roman

 

Das Hochzeitskleid, das Bebe aus Plastik: Leysla hoffte, dass dies nicht eine Illusion bleibt.

Nein, hier in Russland und erst recht ohne Ausweis gehen Märchen nicht in Erfüllung.

Ausgeschlossen, in der Unterkunft zu bleiben; unmöglich, ohne amtliches Dokument eine Arbeit zu finden. Nicht einmal der Schwarzmarkt kann Leysla etwas anbieten. Mit nur wenigen Jahren Schulunterricht  und ihren körperlichen Voraussetzungen ist sie sich nicht gewohnt, zu arbeiten.

Heute ist Leysla irgendwo in Moskau, wo sie nach letzten Informationen unter einer Brücke lebt.