01-04-14 Menschenrechte in Sankt-Petersburg: der Kampf geht weiter

Während die Augen aller Welt auf die Krim gerichtet sind, setzt Nochlezhka in Sankt-Petersburg ihren Kampf für die russischen Sans-Papiers unermüdlich fort.

 

Keinen Kopeken für die Helden

Die petersburger Nichtregierungs-Organisation hat kürzlich die Staatsanwaltschaft der Stadt

 

wegen des lokalen Gesetzes über die Beiträge an die Kämpfer der Belagerung von Leningrad, heute Sankt-Petersburg, angefragt.

 

Wie immer, wenn es um Verwaltungs-Angelegenheiten geht, ist auch die Zahlung der 3’000 Rubel (CHF 74.30) an die Registrierung der Personen am Wohnort (Propiska) gebunden.

 

Die ehemaligen Kämpfer, welche aus irgendeinem Grund diese Registrierung verloren haben, erhalten keinen Kopeken, dies trotz ihrer Tapferkeit an der Front und der erhaltenen Auszeichnungen.

 

Die Staatsanwaltschaft hat verprochen, dieser Frage nachzugehen.

 

Es ist zu hoffen, dass die Entscheidung noch vor dem Jahrestag des Sieges über die Nazis am 9. Mai fällt. Der Jurist von Nochlezhka und der Verantwortliche für die Menschenrechte der Stadt haben die Frage bereits früher unterbreitet, leider ohne Erfolg. Hoffen wir also weiter.

 

 

Das erleichterte Verfahren

Ein anderes bekanntes Thema ist erneut aktuell geworden: jenes der benötigten offiziellen Papiere, die in Sankt-Petersburg für den Zutritt zum städtischen Zentrum für Volkszählung unabdingbar sind.

 

Für einmal gibt es gute Nachrichten für die obdachlosen Sans-Papiers.

 

Das Komitee für Sozialpolitik ist einverstanden, seine übertriebenen Anforderungen zu reduzieren. Es ist in Zukunft nicht mehr notwendig, die Bescheinigung des Wegzuges von einem Ort vorzulegen. Es werden ebenfalls keine Begründungen mehr verlangt, falls die Niederlassungsbewilligung für diesen Ort fehlt.

 

Auf gut deutsch: vorher verlangte man von Ihnen einen administrativen Beleg, dass Sie den entsprechenden Ort verlassen haben sowie eine Bestätigung, dass Sie an eben diesem Ort gar nicht registriert waren.

 

Die neue Regelung bietet den ausgegrenzten Bürgern den Vorteil, sich einfacher in Sankt-Petersburg registrieren lassen zu können, um anschliessend einen Platz in einer städtischen  Notschlafstelle zu bekommen. Dort erwartet sie aber eine neue Liste von kafkaesken Forderungen.

 

Nochlezhka wird die Anwendung des neuen Verfahrens genau überwachen.

 

Die von Nochlezhka hinterlegten Klagen wegen des Schweigens des Komitees für Sozialpolitik haben die Staatsanwaltschaft veranlasst, das Funktionieren des Komitees zu untersuchen. Die petersburger Nichtregierungs-Organisation hat bereits mehrere Verfehlungen festgestellt und angezeigt.

 

 

Der on-line-Rechtsanwalt

Nochlezhka hat auf ihrer Internet-Seite eine neue Sektion eingerichtet, um die Rechte der Sans-Papiers noch besser schützen zu können. Diese ermöglicht den Bürgern ohne Rechte und ohne Unterkunft, ihre Fragen dort zu stellen und kurzfristig die Beratung eines Nochlezka-Rechtsanwaltes zu erhalten. Lesen

 

Um eine schnelle Antwort garantieren zu können, wurden kurzfristig zwei freiwillige juristische  Praktikanten angestellt.

 

Diese Beharrlichkeit, die Rechte der Bürger zu verteidigen, hat Erfolg, wie der Fall von Nikita Sergeiewitsch belegt.

 

 

Geduldige Unermüdlichkeit

Nach seiner Scheidung stand Nikita Sergeiewitsch ohne Wohnung und ohne Papiere auf der Strasse. Er war Alkoholiker.

Am 21. Oktober 2013 meldete er sich in schlechtem Zustand bei Nochlezhka. Er akzeptierte, umgehend mit dem Rehabilitations-Programm der petersburger Nichtregierungs-Organisation zu beginnen, in deren Räumen er auch wohnte.

 

Die Juristen von Nochlezhka begannen derweil mit der Jagd auf seine Identitäts-Papiere. Der Besitzer seiner ehemaligen Wohnung hatte sie kurzerhand beschlagnahmt.

 

Der juristische Dienst setzte alles daran, Nikitas internen Pass, die Karten der AHV und der Steuern sowie das Dienstbüchlein wieder zu erhalten.

 

Nochlezhka reichte mehrere Klagen bei der Polizei ein und denunzierte deren Untätigkeit beim Staatsanwalt. Alles ohne Erfolg, dies auch deshalb, weil der ehemalige Wohnungsbesitzer in der Zwischenzeit verschwunden war.

 

Nichts bremste jedoch die Hartnäckigkeit der Juristen und mittels ihrer geduldigen Unermüdlichkeit gelang es ihnen, die amtliche Existenz von Nikita Sergeiewitsch wieder herzustellen.

 

Mit den wieder erhaltenen Papieren und nach erfolgreichem Abschluss der Entwöhnungskur fand Nikita eine Temporär-Stelle. Er konnte eine Wohnung mieten und kehrt schrittweise ins Leben eines anerkannten Bürgers zurück.